Wenn dein einziges Werkzeug ein Hammer ist, dann sehen alle Probleme aus wie Nägel.
Alte chinesische Tonmeisterweisheit
Und wenn Du nur ein einziges Mikrofon kennst, zum Beispiel das in der Kamera eingebaute, dann klingt das anscheinend gut und wird für jeden Videodreh mit der DSLR oder Spiegellosen genutzt. Aber ist das eingebaute Mikrofon wirklich das Beste und ist es sinnvoll dieses zu verwenden?
Dazu klären wir im folgenden Artikel anhand von ausführlichen Hörproben und Kommentaren die Fragen:
- Wie klingen verschiedene Mikrofone eigentlich?
- Und wie sollten sie positioniert werden?
- Welches ist die optimale Lösung für ein Interview oder ein Hochzeitsvideo?
Um Dir die passenden Informationen liefern zu können, haben wir zwei Vergleichstest mit 8 verschiedenen Mikrofonen durchgeführt und lassen Dir hier die Klangproben und unseren Kommentar zukommen. Weitere ausführliche Beschreibungen der verwendeten Mikrofontypen und Tipps zum Praxiseinsatz besprechen Frank und Dieter übrigens in Podcast-Episode 046 »Mikrofonierung«.
Zunächst gilt es zu klären welcher Mikrofontyp (Kondensator/Dynamisch) prinzipiell wie klingt und wie groß die Unterschiede zwischen Vertretern des gleichen Wanderprinzips so ausfallen. Dazu dient unser erster Testaufbau.
Aufbau 1 – Wie klingen verschiedene Mikrofone
6 Mikrofone, davon drei dynamische und drei Kondensatormikrofone, nehmen gleichzeitig einen gesprochenen Text auf. Dazu haben wir aufgebaut:
- Samson G-Track* (Großmembran-Kondensatormikrofon, Dieters Mikrofon beim Podcaster)
- iPhone 6* (eingebautes dynamisches Mikrofon, ähnlich dem in einer Kamera)
- Zoom SGH-6* (Kondensator-Richtmikrofon, ähnlich zum Røde NTG2)
- Audiotechnica ATR3350* (dynamisches Ansteckmikrofon, am Kragen)
- t-bone HC-95 (Kleinmembran-Kondensatormikrofon in einem Headset, direkt am Mund)
- No Name (dynamisches Mikrofon)
Als erstes alle 6 Mikrofone im direkten, schnellen Hörvergleich:
Und nun jedes nochmal einzeln, zum Selbststudium. 😉
Samson G-Track:
iPhone 6:
Zoom SGH-6:
Audiotechnica ATR3350:
t-Bone HC-95:
No Name, dynamisch:
Du hörst deutlich: Die dynamischen Mikrofone (iPhone, Ansteckmikrofon und No Name) klingen alle nicht so gut wie die Kondensatormikrofone.
Dynamische Mikrofone sind häufig unempfindlicher, so dass man an ein dynamisches Mikrofon sehr nah ran muss. Dafür unterdrücken sie typischerweise Umgebungsgeräusche recht gut und eigenen sich für Bühnenshows und Interviewsituationen an lauten Plätzen. Reporter nutzen sie gerne für kurze Nachrichtenbeiträge, bei denen es vor allem auf den Inhalt des Gesprochenen ankommt.
Die verwendeten Kondensatormikros liegen klanglich dicht beieinander und unterscheiden sich eher in Nuancen. Leider sind Kondensatormikrofone – vor allem die mit großer Membran – meist nur bei optimalen Bedingungen im Studio am besten zu nutzen. Das Headset-Mikrofon t-bone HC-95 überrascht sogar mit seinem sehr niedrigen Rauschpegel, im Vergleich zum sonst von uns bevorzugten Großmembranmikrofon Samson G-Track. Dafür klingt das HC-95 etwas dumpfer. Dem G-Track sehr ähnlich klingt das Zoom SGH-6 Richtmikrofon*. Richtmikrofone werden auch gerne als »Shotgun« bezeichnet. Die Kondensator-Richtmikrofone bilden einen sehr praxistauglichen Kompromiss aus guter Aufnahmefähigkeit und vernünftigem Handling, auch bei Aussenaufnahmen. Mit einem »Überzieher« kann man sie sogar recht gut gegen Windgeräusche schützen, zum Beispiel mit einer so genannten »Toten Katze«* oder einem »Blimp«*.
Nehmen wir nun mal an Du möchtest zwei Personen im Bild zeigen, die sich unterhalten oder einer interviewt den anderen. Dann kann der Reporter ein Handmikrofon führen, wenn das Video im » Rasender Reporter Harry Hirsch«-Stil aussehen soll. Der Ton wird gut, aber so richtig elegant sieht das nicht aus. Dazu müsste das Mikrofon aus dem Bildausschnitt verschwinden. Wenn es beispielsweise um das Treueversprechen bei einer Hochzeit geht, dann ist Eleganz wichtig und keiner möchte ein Mikrofon im Bild sehen.
Ansteckmikrofone mit Funkstrecke* wären auch eine Option. Wenn Du sie an den Personen nahezu unsichtbar anbringen kannst, sie also die passende Farbe zur Kleidung haben. Meistens sind sie aber einfach schwarz. Ausserdem sind solche Funkstrecken recht kostenintensiv in der Anschaffung und Du brauchst für jeden Sprecher eine eigene. Das geht schnell ins Geld. Und was das größere Problem darstellt: Vor der Kamera unerfahrene Personen mögen es nicht gerne, wenn man ihnen einen Sender und ein Mikrofon an den Körper hängt. Sowieso schon aufgeregte Brautpaare und ihre Eltern stehen noch weniger drauf.
In der Praxis ist es daher erprobt, dass in einem solchen Fall ein Toningenieur sich eine so genannte Tonangel* schnappt, an der ein Richtmikrofon angebracht ist. Mit diesem »Mikrofon am Stiel« zielt er nun während der Aufnahme immer auf den Mund des gerade aktiven Sprechers und hält das Mikrofon dabei gerade eben so weit weg, dass es nicht im Bildausschnitt der Hauptkamera zu sehen ist. Solch eine Kombination aus schon gutem Richtmikrofon (Røde NTG2) und einer Tonangel ist preiswerter als auch nur eine einzige, zuverlässige Funkstrecke* mit Ansteckmikrofon. Also der Königsweg für obiges Szenario. Das eingesparte Geld lohnt sich in einen externen Audiorekorder mit XLR-Buchse und Phantomspeisung zu investieren. Denn dann kannst Du damit völlig unabhängig von der Kamera nahezu beliebig viele Sprecher mit nur einem Mikrofon erfassen. Solange sie alle brav nacheinander reden. Also nichts für die politische Talkshow am Sonntag nach dem Tatort. 😉
Hören wir uns deshalb in unserem Aufbau 2 einmal an, wie sich ein Richtmikrofon in optimaler Entfernung anhört, und wie sich ein zu weit entferntes Kameramikrofon anhören würde.
Aufbau 2 – Einfluss der Entfernung
Zwei gute Richtmikrofone nehmen gleichzeitig einen gesprochenen Text auf. Dabei haben wir eins an einer Tonangel so positioniert, dass es sich in möglichst geringem Abstand zum Sprecher befindet, aber für die angenommene Situation »Videointerview« nicht mehr mit im Bildausschnitt zu sehen wäre (Abstand zum Sprecher ca. 60 bis 80 cm). Das andere Mikrofon ist auf der Kamera montiert, welche sich ca. 2,50 Meter vom aufgenommenen Sprecher entfernt befindet.
Beide Mikrofone klingen normalerweise gleich. Das haben wir vorher überprüft, indem wir beide im gleichen Abstand besprochen und dann im Blindtest versucht haben herauszuhören welches Mikrofon welche Tonspur aufgenommen hatte. Das war uns nicht möglich. Also klingen beide Mikrofone sehr ähnlich. Jedenfalls ähnlich genug für den Effekt, den wir im Folgenden herausarbeiten möchten.
Wir haben verwendet:
Røde NTG2* (nah dran)
Røde VideoMic* (2,50 Meter weit weg)
Beide im Wechsel:
Du hörst ganz klar, dass das weiter entfernte Mikrofon einen nicht so guten Sprecherton abliefert wie das nah am Sprecher befindliche. Es nimmt ausserdem einiges mehr an Raumton und Störgeräuschen auf. Und dabei ist auch das weiter entfernte Mikrofon in diesem Aufbau ein Richtmikrofon, dass ja sogar auf die Aufnahme aus einiger Entfernung optimiert ist. Die in Kameras eingebauten Mikrofone sind baurtbedingt in solch einer Situation sicher nicht besser geeignet. Aber sie sind auch nicht überflüssig. Du solltest halt nur keinen sendefähigen Ton von ihnen erwarten.
Fazit
Es gibt für verschiedene Einsatzzwecke verschiedene Mikrofone. Jedes klingt mehr oder weniger anders. Du solltest also nach Möglichkeit zunächst das beste Werkzeug für die geplante Aufgabe auswählen. Zum Beispiel kann ein dynamisches Handmikrofon bei Interviews in einer großen Menschenmenge, wie zum Beispiel auf einer Messe, die bessere Wahl sein. Auch wenn ein Großmembran-Kondensatormikrofon an sich besser klingt, aber eben nur unter störungsfreien Studiobedingungen sinnvoll einsetzbar ist. Das Handmikrofon sollte dann aber natürlich nicht statisch auf der Kamera oder auf einem Stativ befestigt werden, sondern vom Reporter mit der Hand dicht zum Mund des gerade aktiven Sprecher geführt werden. Denn schlimmer als die Wahl des nicht optimal geeigneten Mikrofons ist es, wenn das Mikrofon zu weit weg von der Schallquelle eingesetzt wird.
Je näher ein Mikrofon dran ist, um so besser der Klang und um so geringer die Umgebungs- und Störgeräusche. Und deshalb scheiden die in Kameras eingebauten Mikrofone normalerweise auch aus, wenn es um die Aufzeichnung des sendefähigen Tons bei Videodrehs geht. Aber sie erfüllen dennoch einen sehr wichtigen Zweck. Welcher das ist und wie Du Dir die Kameramikrofone doch noch zu Nutze machen kannst, erfährst Du in unserer aktuellen Podcast-Folge der fotophonie 046 – Mikrofonierung. Viel Spaß dabei!
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