Ein Vergleich aktueller Graufilter für die Langzeitbelichtung
„Das Bessere ist des Guten Feind“
könnte als Motto für diesen Beitrag hier durchgehen. Wie schon in den Episoden 113 und 114 unseres Podcasts besprochen, war ich dieses Jahr wieder in Zingst und habe diesmal unter anderem drei Graufilter miteinander verglichen. Impuls für diesen kurzfristigen Vergleich war die Neuvorstellung der NanoPro MC Beschichtung am Stand der Firma Haida. Diese neue Beschichtung soll für absolute Farbneutralität und null Vignettierung sorgen.
Eins gleich vorweg: Alle in diesem Text erwähnten ND-Filter und deren Halter wurden mir von den in Zingst vertretenen Händlern leihweise zur Verfügung gestellt und sind bereits wieder zurückgegeben. Insofern ist dies hier keine Werbung und auch keine Promotion, ausser vielleicht für die Ausgabe 114 der fotophonie. Hör‘ am besten parallel in die Folge 114 rein, dann hast Du wirklich alle Infos und Details in einem Paket. 😉
Unsere Folge 049 „Filtern wie die Profis“ bringt Dir bei Interesse die Grundlagen der Filterfortografie nahe.
Genug der Vorrede, lassen wir Bilder sprechen …
Für solche Effekte, wie durchziehende Wolken oder seidiges Wasser, verwenden Fotografen häufig ND-Filter, auch Graufilter genannt. Am liebsten solche die genau die richtige Dosis an Licht durchlassen, um den gewünschten Effekt zu erzielen und dabei möglichst frei von Farbstichen oder Vignettierung sind. Solche ND-Filter gibt es in verschiedenen Größen, Bauformen und Stärken von unterschiedlichen Herstellern. Zum Beispiel als runde Schraubfilter mit unterschiedlichen Durchmessern. Oder als rechteckige Filterscheiben, auch gerne Plattenfilter, Schiebefilter oder Steckfilter gennant, die mit einem speziellen Halter vor dem Objektiv befestigt werden. Manchmal auch mehrere ND-Filter gleichzeitig hintereinander, um die Wirkung zu steigern. Oder in Kombination mit Polarisations- und/oder Verlaufsfiltern.
Beim Umweltfotofestival „horizonte“ in Zingst habe ich drei ND-Filter der Stärke 3.0 miteinander verglichen. Die Vertreter der dort ausstellenden Filterhersteller stellten mir je ein Exemplar ihrer Filter zur Verfügung. Es handelte sich um Graufilter (ND-Filter), die die Belichtungszeit um den Faktor 1000 verlängern sollen (ND 3.0 = 1000x). Jeweils in Form von rechteckigen Filterscheiben der Größe 100 x 100 mm (Rollei und Phorex) sowie 150 x 150 mm (Haida). Der Filterhalter für die 100 mm Filter wurde mir ebenfalls von Rollei zur Verfügung gestellt. Vielen Dank nochmal dafür. Den großen 150 mm Filter verwendete ich in meinem eigenen Halter der Marke Haida. 24 Stunden hatte ich Zeit für einen Vergleich.
Welche Filter wurden verglichen?
Rollei Rock Solid ND 3.0, 100 x 100 mm
UVP 199,- EUR (mit „Unbreakable Coating“, sonst 149,- EUR, amazon*)
Haida Nano Pro ND 3.0, 150 x 150 mm
UVP 149,90 EUR (104,90 EUR als 100 x 100 mm, amazon*)
Phorex by Jaworskyj ND 3.0, 100 x 100 mm
UVP 119,90 EUR (Foto-Morgen)
Es gibt natürlich noch viel mehr Produkte am Markt von anderen Herstellern. Aber in Zingst hatte ich halt die oben genannte Auswahl zur Verfügung. Von daher ist das hier also kein vollständiger Marktüberblick oder gar allgemein gültiger Vergleichstest. Aber er gibt sicher ausreichend Aufschluss über die Leistungsfähigkeit einer neuen Beschichtungstechnik für Grau- und Grauverlaufsfilter, dem beidseitigen Bedampfen von Filterscheiben. Vor diesem neuen Bedampfen war es bisher gängige Praxis das Material der Filterscheiben durchzufärben.
Durchführung des Vergleichs
Ich beschloss also, in der von mir während des Festivals bewohnten Ferienwohnung, je Filter zwei „Labor“-Aufnahmen und ein Landschaftsfoto zu machen, um sowohl die möglicherweise auftretenden Farbveränderungen durch die Filter als auch deren Vignettierung zu dokumentieren. Dazu fotografierte ich hintereinander, mit gleichbleibenden Einstellungen, mit jedem Filter meinen X-Rite Passport Colorchecker und eine möglichst einfarbige Fläche. Leider war nur eine mit Rauhfaser tapezierte Wand verfügbar. Trotzdem sieht man eine eventuell durch den Filter erzeugte Vignette darauf sehr gut. Im Anschluss folgten dann noch Landschaftsaufnahmen, um die Filter im realen Einsatz kennen zu lernen.
Testaufnahmen mit dem Rollei-Filter:
Testaufnahmen mit dem Haida-Filter:
Testaufnahmen mit dem Phorex-Filter:
Um die unterschiedliche Größe der Filterscheiben auszugleichen, und die Aufnahmen vergleichbar zu machen, verwende ich für die 100 x 100 mm Filter ein Objektiv mit der Brennweite 12 mm an einer Micro Four Thirds Kamera (Olympus E-M1 MK II) und für den 150 x 150 mm Filter eine Brennweite von 7 mm an Micro Four Thirds (Olympus E-M1 MK II).
Damit entspricht der Bildwinkel der Aufnahmen mit den 100 mm Filtern einem Kleinbildäquivalent von 24 mm und bei dem 150 mm Filter einem Kleinbildäquivalent von 14 mm. Beides jeweils nahe am empfohlenen Maximum der verwendeten Halter. Somit sollten die verwendeten Halter nur minimalen bis gar keinen Einfluss auf die Vignettierung haben.
An der Referenzaufnahme der einfarbigen Wand sieht man die leichte Vignettierung durch den Filterhalter des 100 mm Systems von Rollei (bei 12mm MFT ~ 24mm KB aufgenommen). Für diese Referenzaufnahme des 100mm System habe ich den Filterhalter von Rollei nackt, also ohne einen Filter darin, verwendet. Die sichtbaren Auswirkungen können in der Referenzaufnahme also nur vom Filterhalter stammen.
Gegenüberstellung Referenzaufnahme (ohne Filter) mit dem jeweiligen Kandidaten
Nun folgen zuerst die unter den gegebenen Bedingungen machbaren „Laboraufnahmen“.
Farbneutralität
Links Referenz (ohne Filter), Rechts mit Rollei RockSolid ND 3.0
Links Referenz (ohne Filter), Rechts mit Haida NanoPro MC ND 3.0
Links Referenz (ohne Filter), Rechts mit Phorex by Jaworskyj ND 3.0
Bei allen drei Kandidaten findet eine minimale und leicht korrigierbare Farbverschiebung ins grünliche statt. Kein Beinbruch. Kann man in jedem guten Bildbearbeitungsprogramm problemlos mit einem Klick beseitigen,z.B. mit der Weißabgleichspipette in Lightroom.
Nur zum Vergleich (und Spaß) mal eine Ansicht mit einem sehr alten ND 3.0 Schraubfilter von B+W
Ja Freunde, DAS ist ein Farbstich! Da kommt wenig Freude auf.
Vignettierung
Links Referenz (ohne Filter), Rechts mit Rollei RockSolid ND 3.0
Links Referenz (ohne Filter), Rechts mit Haida NanoPro MC ND 3.0
Links Referenz (ohne Filter), Rechts mit Phorex by Jaworskyj ND 3.0
Bei den beiden 100 mm Filtern (Rollei, Phorex) sieht man eine Vignettierung. Beim Rollei nur sehr schwach ausgeprägt in den Ecken (was von dem Filterhalter stammt, wie wir ja oben schon gesehen haben). Beim Phorex ist die Vignette jedoch sehr deutlich ausgeprägt. Ungefähr eine ganze Blende macht das übers Bild hinweg aus. Das ist der Nachteil des durchgefärbten Glases beim Phorex. Dem „Basisfilter“ wie er bis vor ca. 6 Monaten noch state of the art war. Aber nun gibt es halt bessere Möglichkeiten, durch die beidseitig bedampfte Beschichtung.
Der 150 mm Filter (Haida NanoPro MC) zeigt keinerlei Vignettierung, was zum einen an der neuen, aufgedampften Beschichtung und zum anderen an dem perfekt passenden Halter für das verwendete Olympus ZD Pro 7-14mm f2.8 liegen dürfte (amazon*).
Landschaftsaufnahme (Realfoto)
Dann schauen wir doch mal, ob sich die „Laborfunde“ auch in realen Aufnahmen wiederfinden, beziehungsweise wie stark die optischen Auswirkungen sind.
Links Referenz (ohne Filter), Rechts mit Rollei RockSolid ND 3.0
Links Referenz (ohne Filter), Rechts mit Haida NanoPro MC ND 3.0
Links Referenz (ohne Filter), Rechts mit Phorex by Jaworskyj ND 3.0
Bei den Landschaftsaufnahmen fällt auf, dass der Rollei RockSolid Filter belichtungstechnisch „spot on“ ist – auf den Punkt. Die Referenzaufnahme (ohne Filter) hatte ich mit 1/30 Sekunde aufgenommen. Bei der Aufnahme mit einem 1000x Filter (ND 3.0) erwartetet man dann bei einer Belichtungszeit von 30 Sekunden, dass die Landschaft wieder exakt gleich belichtet ist. Genau das leistet der Filter von Rollei perfekt. Der Haida ist fast etwas zu schwach und damit wird die Landschaft leicht heller als die Referenz wiedergegeben. Man müsste exakt 29 Sekunden belichten, um mit dem Haida den Bildeindruck der Referenz genau zu reproduzieren. Ursache der Beobachtung könnte vielleicht eine Fertigungstoleranz sein. Da ich aber nur eine einzige Filterscheibe zum Vergleich da hatte, konnte ich diesen Punkt nicht weiter überprüfen.
Die schon in den „Laboraufnahmen“ festgestellte Vignettierung des Phorex-Filters findet sich auch in der Landschaftsaufnahme sehr klar wieder. Fast eine 2/3 Blende müsste man weiter aufblenden (oder aber ca. doppelt so lange Belichten), um das normalerweise bei 30 Sekunden erwartete Ergebnis mit dem Phorex-Filter zu erzielen.
Man kann die Vignette natürlich kreativ einsetzen, besonders bei Aufnahmen mit „dramatischem“ Himmel oder Vordergrund. Dann verstärkt sie sogar den gewünschten Effekt.
Aber wenn man gerne in den Standardbelichtungstabellen für Langzeitbelichtung mit Filtern nachschaut, die angeben wie lange man bei einer ohne Filter ermittelten Zeit dann mit Filter belichten muss, dann passt das eben einfach nicht und kann ärgerlich sein.
Wenn man bei einem stark vignettierenden Filter die Belichtungszeit entsprechend der Vignette verlängert, um z.B. den Himmel oder die Umgebung korrekt zu belichten, läuft man außerdem Gefahr, dass ein sich eventuell in der Bildmitte befindendes helles Objekt dann ausbrennt. Denn in der Mitte ist die Abdunklung durch die Vignette ja nicht vorhanden. Bei dem Haus gegenüber (s.o.) musste ich da schon ziemlich aufpassen und habe bereits nach 45 Sekunden die Belichtung gestoppt. Eigentlich hätte ich nach dem Labortest mit der einfarbigen Wand 55 Sekunden belichten müssen. Das Live-Histogram der Kamera schlug aber eben schon nach 45 Sekunden Alarm, da die Helligkeitswerte der Garageneinfahrt in der Bildmitte kurz vorm Ausbrennen war.
Foto-Morgen war von dem Ergebnis, welches ich am Stand in Zingst noch angesprochen habe, sichtlich überrascht und wollte meine Beobachtung nach dem Festival nochmal mit mehreren Filtern hausintern nachprüfen. Leider habe ich bis heute nichts mehr von Foto-Morgen dazu gehört. Ich gehe davon aus, das wir hier genau den zu erwarteten Unterschied von durchgefärbten Basisfiltern (Phorex) zu den neuen, bedampften Filtern (Rollei, Haida) sehen.
Wie kann man einen NanoPro Filter auf Anhieb von einem durchgefärbten Filterglas unterscheiden?
Man kann die neue Beschichtung übrigens mit bloßem Auge schon ganz gut erkennen. Halte den Filter einfach etwas schräg ins Licht uns sieh Dir die Oberflächenfarbe an. Die neuen NanoPro Vergütungen schimmern eher rötlich, während die durchgefärbten Gläser meist neutraler dunkelgrau aussehen. Zumindest bei Haida ist das so.
Sind die neuen Filterbeschichtungen eine Ersatzbeschaffung wert?
In meinen Augen schon. Vor allem für Fotografen die sehr oft mit einem oder mehreren ND-Filter(n) arbeiten und Standardbelichtungstabellen oder Handy-Apps verwenden, um die Belichtungszeit von einer Testaufnahme ohne Filter auf die Belichtungszeit mit Filter umzurechnen.
Zumindest aber wenn man im Moment sowieso neue Filter kauft. Zum Beispiel weil man gerade in die Filterfotografie einsteigt, oder das System wegen veränderter Größe wechselt, oder von Einschraub- auf Einsteckfilter umsteigt. Dann lohnen sich in meinen Augen die ca. 20,- EUR Aufpreis im Vergleich zu den durchgefärbten Basisfiltern allemal.
Steck doch einfach mal zwei starke ND-Filter in einem Halter hintereinander. Ja, das kommt öfter vor als einem lieb ist. Zum Beispiel wenn man keinen ausreichend starken Graufilter als eine einzige Scheibe dabei hat. Dann muss man schon mal einen 64x (ND 1.8) und einen 1000x (ND 3.0) kombinieren. Und das kann bei durchgefärbten Filterscheiben dann so aussehen:
Hübsch, oder? Eher nicht. Und selbst wenn ich die Vignette in Lightroom auskorrigiere, dann gefällt mir das Ergebnis nicht wirklich besser:
Der „Grünspan“ ist auf den Dachziegeln und dem Glasdach ist in der Realität keinesfalls vorhanden.
Ich habe es zwar noch nicht ausprobiert, möchte aber schon jetzt behaupten, dass das mit den bedampften ND-Filtern so nicht passieren wird. Noch besser ist natürlich: man hat bei Bedarf einen ND 4.5 zur Hand und muss gar nicht erst tricksen. Aber auch ein durchgefärbter ND 4.5 wird eine heftige Vignette erzeugen.
Ob es auch gleich ein Schwung neue Verlaufsfilter (GND) mit der neuen Beschichtung sein müssen, wage ich noch zu bezweifeln. Dazu müsste ich erstmal einen eigenen Vergleich durchführen, getreu dem Motto:
„Nicht glauben. Ausprobieren!“
Einkaufsmöglichkeit
Abschliessend noch kurz zusammengefasst die Links zu den Einkaufsquellen:
Haida NanoPro MC ND 3.0 (1000x)* bei amazon
Rollei Rock Solid ND 3.0 (1000x)* bei amazon
Es würde mich natürlich sehr freuen, wenn Du bei Interesse an solchen Filtern die Amazon-Affiliate-Links zum Einkauf verwenden würdest. Damit unterstützt Du meine Arbeit für die fotophonie und zahlst nicht mehr als sonst bei amazon. Vielen Dank!
Zum Abschluss nochmal der Hinweis auf die zugehörige Folge 114 „Filtertest beim Fotofest“, die diesen Artikel hier um weitere Infos und Erfahrungen ergänzt. Und vielleicht auch noch die Folge 049 „Filtern wie die Profis“, mit den Grundlagen zur Filterfotografie und wie man sie am besten angeht.
Und das Abonnieren nicht vergessen! Der praktische Knopf dafür, ist hier gleich rechts in der Randspalte, ganz oben. >
Der Hörer, das unbekannte Wesen, will einfach nicht antworten. Das kann ich als Hörer nicht auf mich sitzen lassen. Deshalb jetzt eine Reaktion.
Die Fotophonie als nüchterne Vorlesestunde? Ich will einen lebendigen Podcast, wo die Moderatoren auch mal über ihre Blumen im Garten oder welches Bier Ihnen schmeckt erzählen. Also weiter so, mir gefällt es.
Ich dachte die Hörer rennen Euch die Bude ein bei Euren Angebot eines Hörertreffens am Freitag. Deshalb habe ich mich nicht getraut. Aber jetzt, das wäre ein tolles Angebot, welches ich gerne nutzen wollte.
Zum Schluss Fragen für Q&A:
Worauf muss ich bei einem guten Kugelkopf für mein Stativ achten bei einen Vollformat DSLR? Jetzt rutscht der Ausschnitt etwas nach unten.
Gruß Dietmar
HI Dietmar, vielen Dank für Dein Lob und auch das Interesse am after-Work Konzept… Deine Frage versucnen wir in die nächste QandA Folge mit aufzunehmen!
Frank
Ebenfalls meine Meinung! Ich höre Euren erfrischenden Podcast sehr gern und freue mich, dass Ihr auch mal etwas „neben der Spur“ mitteilt. Weiter so! Und ein Treffen in Norddeutschland wäre spitze! Grüße Michael Ringhoff